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26. Februar 2024Sinaia, die Perle der Karpaten
Vielen heute eher als Winterferienort, Skigebiet oder Luxus-Urlaubsziel bekannt, zeichnet sich die nur 120 km von Bukarest entfernte Stadt Sinaia durch ihre knapp 100 bestehenden Baudenkmäler als ein wahres Freilichtmuseum aus. Durch ihre architektonischen Juwele macht sie als rumänische Stadt mit den meisten historischen Baudenkmälern in Bezug auf die Bevölkerungsdichte ihrem Spitznamen „Perle der Karpaten“ alle Ehre. Begibt sich man auf einen Spaziergang durch Sinaia, so entdeckt man ein architektonisches Monument in fast jedem zweiten Haus.
Drei Bahnhöfe, davon zwei königliche
Sobald man nach einer schönen Zugfahrt entlang des Prahovatals in Sinaia aussteigt, begegnet man dem ersten Monument der Stadt: Die beiden königlichen Bahnhöfe, die der königlichen Familie oder für Besuche hoher Würdenträger vorbehalten waren, und der allgemeine Bahnhof – alle drei nur einige Meter voneinander entfernt.
Der allgemeine Bahnhof wird Ende der 1870er errichtet und bald darauf, wegen der beträchtlichen Anzahl der Touristen, größer im neo-rumänischen Stil umgebaut. 1886 wurde daneben der erste königliche Bahnhof erbaut, der bis 1940 als solcher fungierte, dann verschiedenen anderen Zwecken diente und heute ein interaktives Eisenbahnmuseum beherbergt.
König Karl II. von Rumänien beauftragte den renommierten Architekten Duiliu Marcu mit dem Bau eines neuen königlichen Bahnhofs, der 1940 fertiggestellt wurde. Der noch heute funktionsfähige königliche Bahnhof ist in einem modernen, kubistischen, schlichten Stil gebaut, vollständig mit lokalen Steinen verkleidet und dient dem Empfang von Staatspräsidentenbesuchen.
Anstatt die kurvige Bahnhofstraße entlang zu gehen, nehmen wir eine Abkürzung über den Caraiman-Weg, wenn das Gepäck leicht ist, und steigen unter dem kühlen Schatten der Bäume die geheimnisvolle steinerne Treppe hinauf, welche direkt in die Stadtmitte führt. Im Herzen von Sinaia angekommen, fragt man sich vielleicht, woher der schöne, exotisch klingende Ortsname stammt. Die Antwort liegt rechts um die Ecke, einige 100 Meter entfernt, im Kloster Sinaia.
An der Theodor-Aman-Straße Nr. 2 befindet sich ein architektonisches Juwel, das den neo-rumänischen Stil (die Arkaden und Säulen der Turmvorhalle, das Aussehen des Schornsteins auf dem Dach) mit dem bayerischen Stil (die Holzwerkelemente und die starke Neigung des Turmdachs) verbindet. | Foto: die Verfasserin
Stadtgründung
Schon seit der Bronzezeit besiedelt, wird eine moderne menschliche Siedlung durch das kleine rumänisch-orthodoxe Kloster zum Heiligen Nikolaus am Molometz/Molomeț-Gipfel in der damals Prahova-Weide genannten Gegend 1581 erstmals urkundlich erwähnt. Bei den örtlichen Einsiedlern sucht der Bojar Mihail Cantacuzino später Zuflucht, als er von den Mördern seines Vaters verfolgt wird, und verspricht seinen Rettern, ein großes Kloster zu bauen, wenn er davonkommen sollte.
1695 hält er sein Versprechen, nachdem er zum Schwertträger der Walachei gekürt wird, und tauft es „Sinaia“ – nach dem Berg Sinai, den er auf seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land bestiegen hatte.
Das Klostergelände umfasst heute die alten Räumlichkeiten, die alte Klosterkirche, das Grabmal des Premierministers I. Gh. Duca, die alten Mönchszellen, das 1895 eröffnete erste Klostermuseum in Rumänien und die 1900 errichtete neue Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit. Rund um dieses Kloster ließen sich mit der Zeit weitere Menschen nieder, und Sinaia diente insbesondere Bukarestern zum Zufluchtsort während der Türkenangriffe im 19. Jahrhundert.
Zur Stadt wird die Siedlung erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die erste Fahrstraße von Kronstadt/Brașov und die erste Eisenbahn für Vergnügensreisen von Bukarest nach Sinaia gebaut werden, die Adelsfamilien Cantacuzino und Ghica hier Zivilkrankenhäuser mit kostenloser Behandlung errichteten und sich der frisch zum Herrscher der Vereinigten Rumänischen Fürstentümer gekürte Fürst Karl I. von Hohenzollern-Sigmaringen für den Bau eines Sommerschlosses in der Gegend entscheidet.
Das königliche Anwesen Pelesch/Peleș, gelegen im gleichnamigen Flusstal, finanzierte der spätere König Karl I. mit Geldern aus seinem Privatvermögen, nachdem er sich in seinem ersten Herrschaftsjahr als Fürst 1866 in die bezaubernde Landschaft verliebt hatte und darauf die Schlösser Pelesch, Pelișor und das Jagdschloss Foișor bauen ließ. Die drei Schlösser und die angrenzenden Gebäude der Hofleute verdienen einen eigenen, ihnen gewidmeten Artikel.
Essen in denkmalgeschützten Gebäuden
Geschichts- und kulturgeladen, aber ein wenig ermüdet von einem beeindruckenden Rundgang durch die Schlösser, kann man sich bei einem erfrischenden Frappé und einem Stück jener beliebten, besonders leckeren Süßigkeit aus dem Angebot des benachbarten Cafés „Regal“ – oder „Bei den Kanonen“, wie es im Volksmund heißt – entspannen. Bekommt man Hunger, kann man zwischen den authentischen türkischen Kanonen auch eine Pizza verzehren oder sich eine gute Mahlzeit im naheliegenden Restaurant der „Villa Economat“ oder gegenüber im Gastro-Bierhaus „Carol“ schmecken lassen.
Eine unerwartete kulinarische Erfahrung bietet das im Volksmund als Restaurant-Hotel „Casa cu farfurii“ (Haus mit Tellern) bekannte Haus des Königsberaters Constantin Bușilă gegenüber dem Kloster Sinaia. Das im neo-rumänischen Stil vom Architekten Duiliu Marcu entworfene steinerne Haus verfügt über eine rustikale, mit Keramiktellern dekorierte hölzerne Terrasse. Es wurde nach der Wende 1989 an Ajax Manthopoulos verkauft, den Neffen der griechischen Schauspielerin Irene Papas, und bietet daher appetitliche griechische Speisen in großzügigen Portionen.
Für jene, die ein schärferes, aromatisches Essen bevorzugen, bereitet das Restaurant „Ramayana“ indisches Fusion-Essen im Erdgeschoss des im neo-rumänischen Stil erbauten Hotels Rina Cerbul (Karl-I.-Blvd. Nr. 19, Stadtmitte), dessen Dach von weißen Säulenreihen getragen wird.
Das Angebot an Restaurants, Gästehäusern und Hotels in Sinaia ist ziemlich reich und die Preise reichen von erschwinglich bis hin zu sehr hoch, da es sich um den Ferien- und Kurort der früheren Elite des Königreichs Rumänien und der heutigen eher wohlhabenden Leute handelt.
Hotels sind auch Teil des Kulturerbes
Anfänglich verwaltet als Kurort von den Adelsfamilien Ghica und Cantacuzino, Vorstandsmitglieder der Stiftung Zivilkrankenhäuser, wurden Großgrundbesitzer nach Sinaia eingeladen, Land zu kaufen und sogenannte „Gesundheitshäuser“ errichten lassen.
Als erste wurden 1975 die Villen des Generals Ion Florescu, damaliger Kriegsminister, und des Fürsten Dimitrie Ghica in der Stadtmitte fertiggestellt. Das Florescu-Anwesen umfasst neben dem Știrbei-Florescu-Palast – einem romantischen Miniaturschloss aus Stein, das mit seiner Hauptterrasse und seinen monumentalen Zugangstreppen zum eigenen Park und zur Stadt hin ausgerichtet ist und welches heute das Stadtmuseum beherbergt – auch eine Personalresidenz und eine römisch-katholische Kapelle, die von André Lecompte du Noüy im neoklassischen Stil entworfen und vom berühmten Künstler Gheorghe Tattarescu gemalt wurde.
An der Stelle, an der sich einst die Villa des Fürsten Ghica und daneben das Hotel Sinaia – das erste in der Ortschaft – befanden, die bei einem Brand niederbrannten, wurde das heutige Casino Sinaia errichtet, und der Garten des Anwesens wurde für die Öffentlichkeit als Park eröffnet.
Rechts vom eleganten, im Jugendstil erbauten Casino stehen noch heute das Hotel „Palace“, ein großes Gebäude von klassischer Eleganz, und das benachbarte rustikale, mit fein geschnitzter Holzspitze bedeckte Hotel „Regal“. Gegenüber, jenseits des zentral gelegenen Springbrunnens, reckt sich das neo-rumänische, weiß mit Akzenten in Ziegelsteinfarbe gestrichene Hotel „Caraiman“ empor. Auch im deutschen Renaissance-Stil entworfene Hotels gibt es in Sinaia, das berühmteste von ihnen: das Hotel-Restaurant „Furnica“ (Str. Furnica Nr. 50). Dieses wurde zur selben Zeit wie die benachbarten Schlösser als Fachwerkbau mit grünem Dach errichtet und steht aufgrund eines vom Parlament genehmigten Erlasses von 2018 unter der Verwaltung des Rumänischen Inlandsgeheimdienstes SRI und ist seither geschlossen.
Große Denkmaldichte überall
Etwas verborgener beziehungsweise weiter entfernt vom Stadtzentrum liegen das Nicolae-Iorga-Gedenkhaus (Str. Gh. Doja Nr. 1), der letzte Wohnsitz des Historikers, und das George-Enescu-Gedenkhaus, am Yehudi-Menuhin-Weg Nr. 2, beide im neo-rumänischen Stil gebaut.
An der Theodor-Aman-Straße Nr. 7 im Furnica-Viertel scheint sich ein Schweizer Chalet emporzurecken: Daran erinnern das steile Dach und die Holzbalken der Villa Sașa Romano. Von hier aus geht man über die Mihail-Kogălniceanu-Straße bis Nr. 68, wo die Villa „Anastasie Simu“ oder „Retezat“ steht. Diese wurde zwischen 1903 und 1911 im Stil der deutschen Renaissance vom tschechischen Architekten Karel Liman entworfen und gehörte dem gleichnamigen Akademiker und Kunstsammler.
Ebenfalls in der Straße Mihail Kogălniceanu befindet sich die damalige Villa des Ingenieurs Vasile Ionescu, vollständig mit Stein verkleidet und mit einem schmiedeeisernen Balkon im Jugendstil versehen. Gegenüber befindet sich das Kulturzentrum „Carmen Sylva“, das 2008 auf dem Gelände der ersten Grundschule in Sinaia errichtet wurde. Aufgrund seiner Lage auf einem Berggipfel ist das Mittelgebäude direkt vom Bd. Carol I oder von der Aosta-Straße aus zu sehen, wo einige Treppen hinaufführen.
Eine andere imposante, diesmal vom Schweizer Architekten Henri Süsskind geplante Fachwerkvilla trägt den Namen ihres einstigen Eigentümers, des nationalliberalen Premierministers Take Ionescu, und befindet sich auf der gleichnamigen Straße bei Nr. 2. Der Einfluss der deutschen Renaissance ist an den Gebäuden, aus denen die Villa besteht, deutlich erkennbar, insbesondere an den mit Fenstern verschlossenen Galerien, an den Balkonen, Erkern und Balken, die alle aus dunklem Holz bestehen.
Wenn man in die Stadtmitte herabsteigt, entdeckt man an der Hauptstraße von Sinaia, am Blvd. Karl I., einige nebeneinander stehende Gebäude mit einem gewissen historischen und architektonischen Wert: Bei Nummer 35 die „Villa Emil Costinescu“ aus dem Jahr 1892, ein Gebäude im Bergstil, bei Nummer 43 das George-Ionescu-Haus aus dem Jahr 1881. Weiter bei Nummer 47 befindet sich das neo-rumänische Gebäude, in dem seit 1905 das Rathaus von Sinaia untergebracht ist. Nebenan, bei Nr. 49, steht das imposante Slătineanu-Haus oder Villa Salamandra, benannt nach einem seiner Besitzer bzw. nach der Form der Medaillons, die es schmücken.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Boulevards Carol I reihen sich drei weitere denkmalgeschützte Gebäude aneinander: Bei Nr. 40 hat der Architekt George Madrea sein eigenes, nach ihm benanntes Haus 1890 entworfen, wo heute Touristen im Gasthaus Duca untergebracht werden. Als nächstes, bei Nr. 42, kann man das Albert-Litman-Haus oder „Villa Margot“ bewundern, ein „Fin de Siècle“-Bau aus dem Jahr 1890. Bei Nr. 40 schließlich befindet sich das Radu-Mavrodineanu-Haus, das etwa zur gleichen Zeit erbaut wurde.
Wenn man unmittelbar danach rechts auf die Straße Alexandru Vlahuță abbiegt, warten weitere denkmalgeschützte Gebäude auf ihre Bewunderer: Harmonische Baustilsynthese oder die Vertretung einzelner Baustile, die handwerkliche Verarbeitung des Steins, sein Zusammenspiel mit den gusseisernen oder geschmiedeten Eisenelementen der Balkone, die Holzspitze mit kunstvoll durchbrochenen Holzträgern am Dach der Terrassen, der Balkone oder der Haupttreppen sind allesamt Elemente, die den Genuss von Architekturenthusiasten während eines „City Breaks“ in Sinaia ausmachen.
ADZ | Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien
Text & Bilder: Cristiana Scărlătescu